Die psychische Belastung des Helfers

...beim Großunfall...

Nach der erfolgreichen Bewältigung der „heißen“ Erstphase des Großeinsatzes wurde ich von Reportern gebeten, als „Leitender Notarzt“ noch an der Unfallstelle eine kurze Stellungnahme zu geben. Dieses Interview wurde dann in mehreren Nachrichtensendungen des ORF gesendet. Viele Freunde und Bekannte haben mich in den folgenden Tagen darauf angesprochen, daß man mir angesehen hat, wie nahe mir dieses Ereignis gegangen ist. Abgesehen davon, daß die Redaktion des ORF offensichtlich gerade diese Passage hervorgehoben hat, in der die Anteilnahme besonders zu erahnen war, ist es gut, der Öffentlichkeit zu zeigen, daß wir Helfer der Einsatzorganisationen mit Herz bei der Sache sind und uns das Schicksal unserer Mitmenschen in Not trotz langjähriger Einsatzerfahrung sehr wohl berührt. Zum Zeitpunkt des Interviews wusste ich zudem, daß sich mit großer Wahrscheinlichkeit ein Feuerwehrkamerad meiner FF Kramsach unter den Toten befand.

Was hat mir geholfen, die Eindrücke dieses Einsatzes zu bewältigen?

Erstens, daß der Einsatz im Großen und Ganzen erfolgreich gelaufen ist und daß ich meinen Teil zu diesem Erfolg beitragen konnte. Zudem waren zwar 6 Tote, deren Verletzungen mit dem Leben nicht vereinbar waren, zu beklagen, jedoch ist nach Beginn der notärztlichen Versorgung kein Schwerverletzter mehr verstorben! Eine kurze Einsatzbesprechung aller beteiligten Organisationen mit dem Landeshauptmann und dem Bezirkshauptmann kurz nach dem Einsatz gaben die Gewissheit des Einsatzerfolges.
Zweitens, der familiäre Rückhalt! Wenn ich nach dem Einsatz zu Hause meine Kinder friedlich im Bett schlafend sehe (nachdem ich vorher ein schwerverletztes Kind sehen mußte) und mit meiner Frau das Erlebte besprechen kann, bin ich auch bald wieder bereit, das nächstemal wieder unter belastenden Umständen in den Einsatz zu gehen.  

Eine besondere Belastung der Feuerwehrmänner ist mir bei diesem Großeinsatz wiederum aufgefallen:  Nach der Befreiung der eingeklemmten Patienten aus dem Fahrzeug konnten sich die notfallmedizinischen Teams des Rettungsdienstes auf die Versorgung der Schwerverletzten konzentrieren, eine von Hoffnung getragene, auf die Zukunft dieses Mitmenschen ausgerichtete Tätigkeit! Jedoch die Feuerwehrmänner waren nun damit beschäftigt, die bereits für tot erklärten Opfer zu befreien und zu versorgen – im Gegensatz zum Rettungsdienst mußten sie nun jene Mitmenschen betreuen, für die es keine Zukunft mehr gab!