Großunfall…

...die notfallmedizinische Versorgung.

Dr. Adolf Schinnerl ( FF Kramsach), als „Leitender Notarzt“ beim Großunfall Vomp im Einsatz:

Der Großunfall am 1.Mai 2001 auf der Inntalautobahn A12 bei Vomp mit 53 Verletzten und 6 Toten konnte wie so oft nur durch das enge Zusammenwirken von Feuerwehr und Rettungssystem bewältigt werden.
Anhand dieses Einsatzes möchte ich die Grundzüge der notfallmedizinischen Versorgung einer großen Anzahl von Verletzten nach einem Massenunfall besprechen. Nicht nur der Notfallmediziner, sondern auch der Feuerwehrmann soll darüber Bescheid wissen! Hat doch auch für die Feuerwehr das Retten menschlichen Lebens, die Hilfeleistung für Mitmenschen in Not die höchste Priorität im Einsatz. Daher werden auch die Einsatzmaßnahmen der Feuerwehr anhand dieser Priorität zu setzen sein und in vielerlei Hinsicht der Unterstützung des Rettungsdienstes dienen.  

Ein Großunfall (Massenunfall) ist ein Unfall, bei dem eine hohe Zahl von Personen und/oder Sachen betroffen sind, der aber immer noch mit den regional vorhandenen Mitteln bewältigt werden kann.  

Medizinische Einsatzziele beim Großunfall 

Folgende Hauptzielsetzungen sind beim medizinischen Einsatz zu beachten:

1)      Triage = Reihung der Patienten nach Versorgungspriorität und Transportpriorität 
2)      Ausreichende Anzahl von Notfallteams zur Versorgung der Patienten sicherstellen
3)      Auswahl der Zielkrankenhäuser und Transport der Patienten in das geeignete Krankenhaus
 

Medizinische Einsatzleitung, der „Leitende Notarzt (LNA)“

Die Feuerwehrmänner sind es gewohnt, bei allen Einsätzen grundsätzlich in größeren Einheiten mit vorgegebener und eintrainierter Kommandostruktur zusammenzuarbeiten. Die Notarztteams hingegen arbeiten im allgemeinen individuell und ein Team konzentriert in der Regel seine Tätigkeit auf einen speziellen Patienten. Dies führte in der Vergangenheit bei größeren Unfällen immer wieder zu einem Chaos in der medizinischen Einsatzabwicklung. Daher wurde in den letzten Jahren der „Leitende Notarzt“ eingeführt, der beim Einsatz mehrerer Notarztteams die notfallmedizinischen Maßnahmen leitet und koordiniert. Ein spezieller Ausbildungskurs für „Leitende Notärzte“ wird in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer angeboten. Viele „Leitende Notärzte“ sind auch als Feuerwehrärzte im Feuerwehrwesen engagiert!  

Rettungsdienstliche Einsatzleitung

Der „Einsatzleiter Rettungsdienst“ leitet und koordiniert alle organisatorischen Einsatzmaßnahmen des Rettungsdienstes.
Beim Großunfall wird zu diesem Zweck die „Sanitätshilfsstelle (SanHist)“ errichtet. Hier werden die Patienten nach Behandlungspriorität und Transportpriorität in verschiedenen organisatorischen Räumen zusammengefasst und betreut.
Die Kennzeichnung und Identifizierung der Patienten erfolgt beim Großunfall in der Erstphase nicht durch Namen, sondern durch das „Patientenleitsystem“. Jeder Patient erhält am Notfallort eine orange Tasche mit Identifikationsnummer umgehängt, auf der die Behandlungs- und Transportpriorität, die durchgeführten ärztlichen Maßnahmen und das Zielkrankenhaus notiert werden.  

Medizinischer Einsatzerfolg beim Großunfall Inntalautobahn

Folgende Einsatzziele konnten erreicht werden:

1)      alle Patienten waren richtig triagiert, also hinsichtlich der Behandlungs- und Transportpriorität richtig beurteilt
2)      alle Patienten waren notfallmedizinisch entsprechend Verletzungsmuster wie bei einem Einzelunfall versorgt, kein Patient war präklinisch unterversorgt
3)      die schwerstverletzten Patienten wurden ohne grobe Zeitverzögerung in die Krankenhäuser transportiert, die Behandlungszeit durch den Notarzt am Ort des Unfalles entsprach der Behandlungszeit bei einem Einzelunfall (nur die Leichterverletzten mußten länger warten) 
4)      kein Patient verstarb nach Beginn der notärztlichen Versorgung (alle verstorbenen Opfer waren bereits vor Eintreffen der Notärzte tot)
5)      geeignete Verteilung der Patienten auf die Krankenhäuser
6)      Transport aller Schwerverletzten mit Notarzthubschrauber und Notarztwägen, Transport der Mittelschwer- und Leichtverletzten mit Rettungsfahrzeugen
7)      alle Patienten wurden mit dem „Patientenleitsystem“ am Notfallort erfasst und registriert, kein Patient ging „verloren“