Brandversuche mit Collodiumwolle

an der Landesfeuerwehrschule...                                   

Nach dem Brand im Adler Werk beschäftigte sich das Sachgebiet Gefahrgut des LFV Tirol mit dem Thema Collodiumwolle. Untenstehend der Bericht der beiden Verfasser:

Mag. Manfred Holzer (Chemiker, Kommandant der Betriebsfeuerwehr Sandoz Kundl)

2005 – 2009 Sachbearbeiter Gefahrgut im LFV Tirol
seit 2009 Sachbearbeiter BTF im LFV Tirol

Mag. Erwin Reichel (Chemiker und Kommandant der Berufsfeuerwehr Innsbruck)

seit 2009 Sachbearbeiter Gefahrgut im LFV Tirol

Bericht über die Brandversuche des SG Gefahrgut LFV Tirol

Brandversuche mit Cellulosenitrat (Collodiumwolle) 

Cellulosenitrat verbrennt nach Entzündung, auch unter Luftausschluß spontan und ohne Rauchentwicklung und wird zur Herstellung von Lacken sowie Explosivstoffen verwendet. Transportiert wird der Stoff (mit über 20% Alkohol versetzt) unter der UN-Nummer 0340 bzw. UN-Nummer 0342 in phlegmatisierter Form (eine Technik zum Herabsetzen der Empfindlichkeit brisanter Explosivstoffe).

Mit Restmengen aus einem Brandereignis führte das Sachgebiet Gefahrgut des LFV Tirol im August 2010 an der LFS Brandversuche durch um die Heftigkeit der in der Literatur beschriebenen Reaktion nachzustellen.
In Versuch Nummer 1 wurde eine offene Transporttrommel mit 20kg Inhalt auf einem Holzgestell mit Grillkohleanzünder in Brand gesetzt. Hier zeigte sich sehr rascher Abbrand, wobei am Anfang deutlich zu sehen war, dass Alkohol verbrannte. Je mehr Alkohol verdampfte, desto heftiger geriet das Behältnis in Brand.

In einem zweiten Versuch wurde derselbe Ablauf an einer geschlossenen Trommel mit ca. 20 kg Inhalt durchgeführt. Durch die Verdämmung wurde der überhitzte Alkohol aus dem ersten Brandloch gedrückt, was den Eindruck eines Flammenwerfers hinterließ. Ebenso geriet der Inhalt heftig in Brand ohne allerdings heftige Reaktionen zu zeigen.

In Versuch Nummer 3 erhitzte die Versuchsgruppe vier geschlossene Trommeln mit jeweils ca. 20kg Inhalt. Der sehr rasche und plötzlich einsetzende Temperaturanstieg (vermutlich mitausgelöst durch das gegenseitige Anheizen der Behälter) führte zu Stichflammen mit 14-16 Meter Höhe sowie einem Abbrand der Trommeln binnen weniger Minuten. Von der Heftigkeit der Ereignisse waren alle Beteiligten beeindruckt.

Lösch- bzw. Kühlversuche mit Wasser – Folgerungen:

Nitrocellulose in fein verteilter brennender Form lässt sich mit Wasser erfolgreich löschen. Im Vollbrandstatus kann nur mehr von einem Kühlen der Umgebung und somit auch benachbarter Behälter gesprochen werden.
Bei Transport und Lagerung von Cellulosenitrat sind Funken und Hitze unbedingt zu vermeiden, da Brände sich rasch ausbreiten und schwer bis gar nicht gelöscht werden können. Auf die entsprechende Ausstattung von Lagerorten (Brandabschnitte) ist ebenso zu achten. Bei keinem der Brandversuche konnte durch Beobachtung mit Wärmebildkameras ein Start der Reaktion beobachtet werden, weil diese immer plötzlich und rasch eintrat.